Lost Places: Das vergessene Munitionsdepot im Solling bei Fürstenberg

Ein Relikt des Kalten Krieges mit verbliebenen Spuren
Fürstenberg. Wer die Landesstraße L550 von Boffzen Richtung Süden befährt, entdeckt etwa 800 Meter vor Fürstenberg eine auffällig breite Straße, die nach links in den dichten Sollingwald abzweigt. Diese unscheinbare Zuwegung führte vor drei Jahrzehnten zu einem geheimnisvollen Ort: einem ehemaligen Korpsdepot der belgischen Streitkräfte.
In den Zeiten des Kalten Krieges errichteten die Belgier hier ein Versorgungsdepot, um ihre Gefechtsfahrzeuge im Falle eines militärischen Konflikts mit dem Warschauer Pakt ausstatten zu können. In der NATO wurde die Anlage als „Forward Storage Site (BE)“ bezeichnet. Das Depot war Teil des sogenannten „General Defense Plan“ (GDP) der NATO, der das I. Belgische Korps entlang des südlichen Niedersachsens stationierte – etwa 60 Kilometer von der innerdeutschen Grenze entfernt.
Versteckt im dichten Wald des Sollings war die militärische Einrichtung kaum bekannt. Auf einer Fläche von 23 Hektar beherbergte das Depot zwei getrennte Bereiche: einen für Munition und einen für Betriebsstoffe. Umgeben von einem massiven Zaun und bewacht durch ziviles Personal bot die Anlage auch Arbeitsplätze für die Anwohner der umliegenden Dörfer.
Direkt am Eingang stand das Wachgebäude. Links davon schlossen sich vier überdachte Lagerbereiche an, in denen Dieselkraftstoff, Öl und Petroleum gelagert wurden. Weiter hinten begann der Bereich für die Munitionslagerung: Elf massive Munitionslagerhäuser, verteilt mit großzügigem Sicherheitsabstand, wurden dort errichtet. Diese Bunkerähnlichen Gebäude waren mit dicken Stahlbetonwänden und einer Tarnschicht aus Erde ausgestattet. Ihre Eingänge wurden durch drei Meter breite und 25 Zentimeter dicke Stahltore geschützt, die nur mit einem Kettenzug geöffnet werden konnten.
Sämtliche Zufahrten waren befestigt, sodass Lastwagen problemlos vor die Lagerhäuser fahren konnten. Da auf dem gesamten Areal keine Wasserversorgung vorhanden war, wurden zwei große Zisternen für die Löschwasserversorgung gebaut.
Mit dem Ende des Kalten Krieges verlor das Depot seine strategische Bedeutung. 1994 wurde die Anlage aufgegeben und in den folgenden Jahren weitgehend zurückgebaut. Die Renaturierung des Geländes ließ viele Spuren des einstigen militärischen Komplexes verschwinden. Dennoch sind auch heute noch Relikte aus dieser Zeit sichtbar:
Teile des Zauns sowie das Haupttor sind erhalten geblieben.
Das Wachgebäude und die Betriebsstoffhallen wurden abgerissen, während die Eingänge zu den Munitionslagerhäusern mit Erde verfüllt wurden.
Ein einziges Munitionslagerhaus, Nummer 1, existiert noch und wird heute anderweitig genutzt. Selbstverständlich befindet sich dort keine Munition mehr.
Die Fundamente der ehemaligen Hallen sind noch vorhanden und dienen heute der Forstwirtschaft als Lagerfläche.
Das einst stark bewachte Areal ist mittlerweile frei zugänglich. Mit Kraftfahrzeugen darf das Gelände jedoch nicht befahren werden. Wer die Stille des Sollings auf sich wirken lässt, kann bei einem Spaziergang noch die verbliebenen Spuren dieses Relikts aus einer längst vergangenen Epoche entdecken.




