Regionalgeschichte, die berührt: Das neue Buch über die NS-Zeit im Weserbergland
Lebenswege unterm Hakenkreuz – Einblicke in die NS-Zeit im Weserbergland
Beverungen. Mit sichtlichem Stolz präsentierten die Autoren Wolfgang Schäfer, Hans-Jörg Langer und Christoph Reichardt in der Buchhandlung „LESBAR“ in Beverungen ihr neuestes Werk: „Lebenswege unterm Hakenkreuz – Nationalsozialismus im Weserbergland: Täter, Opfer, Gegner.“ Zur Buchvorstellung fanden sich zahlreiche Gäste ein, darunter Beverungens Bürgermeister Hubertus Grimm, Marlis Linnemann, Vorsitzende des Heimat- und Geschichtsvereins für Landkreis und Stadt Holzminden, der Verleger Jörg Mitzkat sowie die Buchhändlerin Andrea Vrsaljko. Gemeinsam würdigten sie die Veröffentlichung eines Buches, das durch akribische Forschung und historische Präzision besticht. Wolfgang Schäfer, ein Sozialwissenschaftler mit umfassender Erfahrung in regionalgeschichtlichen Ausstellungen und Publikationen, sowie Hans-Jörg Langer, Chemotechniker und Ortsarchivar mit Engagement im Schäferhaus-Museum Lippoldsberg, verbindet eine langjährige Zusammenarbeit, die bereits in ihrer Schulzeit in Lippoldsberg ihren Anfang nahm. Christoph Reichardt, Deutsch- und Geschichtslehrer am Gymnasium Beverungen sowie Stadtheimatpfleger, ergänzt das Autorenteam mit seiner Expertise. Gemeinsam durchsuchten sie Archive, analysierten historische Zeitungen und führten Gespräche mit Zeitzeugen, um ein differenziertes Bild der NS-Zeit in der Region zu zeichnen.
„Die Recherche war oft eine Herausforderung“, erläuterte Schäfer bei der Präsentation. Unterschiedliche Quellenangaben machten eine sorgfältige Prüfung und fundierte Abwägung erforderlich. Dennoch gelang es dem Autorenteam, 27 beeindruckende Biografien aus den früheren Kreisen Holzminden, Höxter, Hofgeismar und Uslar zu erarbeiten. Diese Biografien beleuchten sowohl die Werdegänge von Tätern als auch den Überlebenskampf von Opfern und Widerstandskämpfern. Dr. Schäfer stellte dabei immer wieder die zentrale Frage: „Wie verhielten sich die Menschen damals? Und wie hätten wir uns in jener Zeit verhalten?“
Das 312 Seiten umfassende Werk bietet nicht nur tiefgreifende historische Analysen, sondern beeindruckt auch durch die Integration authentischer Fotografien aus der NS-Zeit. Ein besonders prägnantes Beispiel ist die Darstellung der Straßenkämpfe von 1932 in Beverungen, als eine SA-Kolonne bei einem Werbemarsch auf politischen Widerstand stieß. Die daraufhin ausbrechende Straßenschlacht dauerte mehrere Stunden und verdeutlicht die Brutalität und Spannungen jener Jahre. Christoph Reichardt reflektierte dazu: „Gab es Widerstand? Wie erging es Menschen, die sich dem Hitlergruß verweigerten und gegen das Regime aufstanden?“
Die Buchhandlung „LESBAR“ am Kellerplatz, einem historischen Ort mit Bezug zur NS-Zeit, diente als passender Veranstaltungsort. Bürgermeister Grimm erinnerte daran, dass die Aufmärsche der SA häufig am Kellerplatz endeten.
„Lebenswege unterm Hakenkreuz“ versteht sich als Fortsetzung des 2016 erschienenen Buches „Nationalsozialismus im Weserbergland – Aufstieg und Herrschaft 1921 bis 1936.“ Während der erste Band die Entstehung der NS-Bewegung in der Region beleuchtet, widmet sich der zweite Band den Biografien von Tätern, Opfern und Gegnern. Die Lebenswege dieser Personen werden in den Kontext lokaler Gegebenheiten und Betriebe eingebettet und vermitteln ein authentisches Bild des politischen Alltags während der NS-Zeit.
Das Buch beantwortet zentrale Fragen zur nationalsozialistischen Machteroberung in den Dörfern und Kleinstädten des Weserberglands: Wer waren die Organisatoren und wie agierten die Gegner des Regimes? Die fundierte Recherche bietet wertvolle Denkanstöße und zeigt eindrucksvoll, dass Geschichte nicht nur in den Metropolen geschrieben wird, sondern auch in den Schicksalen der Menschen in kleinen Gemeinden.
Herausgeber des Buches ist der Heimat- und Geschichtsverein für Landkreis und Stadt Holzminden. Das Projekt wurde unterstützt vom Landschaftsverband Südniedersachsen, den Kultur- und Denkmalstiftungen der Landkreise Northeim und Holzminden sowie der Calenberg-Grubenhagenschen Landschaft.
Das Werk (ISBN: 978-3-95954-166-4) ist für 26,00 Euro im Buchhandel oder direkt beim Verlag Jörg Mitzkat erhältlich. Die Autoren planen außerdem eine Ausstellung, die ihre Ergebnisse aus dem Buch interkommunal präsentieren soll.
Mit ihrem umfassend recherchierten Werk haben Wolfgang Schäfer, Hans-Jörg Langer und Christoph Reichardt einen wertvollen Beitrag zur Aufarbeitung der Geschichte des Nationalsozialismus im Weserbergland geleistet. Das Buch richtet sich nicht nur an Historiker, sondern auch an interessierte Leser, die die Auswirkungen der NS-Zeit auf die Region besser verstehen möchten.




